Verein der Freunde der Lenauschule

Literatur und Kunst in der Lenauschule

Vom Glück, dabei gewesen zu sein


Der 150. Geburtstag der Lenauschule wurde nicht nur mit Reden und Ehrungen und auch nicht nur mit Party begangen. Auch das „Geburtstagskind“, die Schule selbst, war Teil des Geschehens und Ziel der vielen ehemaligen Absolventinnen und Absolventen, die zur Feier nach Temeswar gekommen waren.

Vor dem Festakt hatten Schüler und Lehrer zur Besichtigung der Schule eingeladen und sich dabei einiges einfallen lassen, um die „Ehemaligen“ zu beeindrucken oder auch zu Tränen zu rühren. An den Wänden der Gänge hatte der Fotograf Cälin Piescu eine Ausstellung mit Portraits von mit Temeswar verbundenen Persönlichkeiten, meist Künstlern, aufgehängt, die das Thema Diaspora behandelte. Einen Stock tiefer gab es ebenfalls eine Foto-Ausstellung mit Kunstbildern von Lenauschülern. Es handelt sich um die Teilnehmer am Chef-Boss-Fotowet-bewerb 2019. Cälin Piescu war der Initiator dieses Wettbewerbs und Stifter der Preise. Wegen Corona konnte dieser jedoch seit 2019 nicht mehr stattfinden und auch die damals entstandenen Fotos waren kaum öffentlich sichtbar. Im nächsten Schuljahr soll der Wettbewerb wieder stattfinden.

Kunst gab es am Nachmittag auch i im Festsaal. Die Malerin Ottilie Scherer hat in Erinnerung an die anregenden außerschulischen Aktivitäten, die sie seinerzeit als Lenauschülerin genossen hatte, in den Jahren 2021 und 2022 je ein Kunst-Seminar für Lenauschüler angeboten. Die dabei entstandenen Werke waren im Festsaal ausgestellt und wurden von Ottilie Scherer gemeinsam mit zwei Teilnehmerinnen am letzten Seminar präsentiert. Im Saal hingen auch Landschaftsbilder von Ottilie Scherer selbst. Diese bot die Künstlerin zum Verkauf an, um den von ihr gegründeten Verein zu unterstützen, der Kindern kostenlos Malunterricht ermöglicht.

Von der Kunst ging es nahtlos über zur Literatur. Katharina Kil zer, ehemalige Lenauschülerin und „Vernetzerin“ im Literaturbereich, hatte einige schreibende Ex-Lenauschüler versammelt, die auf unterschiedliche Weise mehr oder weniger Nostalgie verbreiteten. Mit Nikolaus Lenau, dem Namensgeber der Schule, schlug die Moderatorin den Bogen von der Schule zur Dichtung und gleich auch in die Retro-Kerbe der Sehnsucht: „Dort nach Süden will mein Herz.“

Es folgte Sigrid Katharina Eismann, Wortakrobatin mit Temeswar-Touch aus dem „Paprikaraumschiff“ (so ihr Erzählband), aber vor allem in der Lyrik präsent. Sie las aus dem kürzlich erschienenen Gedichtband „Dschangakinder“.

Genau wie sie konfrontiert auch Edith Ottschofski (letzter Gedichtband: „Saumselige Annäherung“) in ihrer Lyrik die Temeswarer Spuren in der eigenen Biografie mit den Realitäten der Gegenwart in den jeweiligen jetzigen Wohnorten Offenbach bzw. Berlin.

Katharina Kilzer selbst las aus einem Text von Ana Blandiana, den sie gemeinsam mit Maria Herlo ins Deutsche übersetzt hat. Die in Temeswar geborene Autorin des Widerstands, die sich in ihren Werken, aber auch tatkräftig und politisch vehement für die Aufarbeitung der Verbrechen des Kommunismus einsetzt, wurde von Kilzer schon mehrfach übersetzt und damit dem deutschen Sprachraum erschlossen. Prosa hatte auch Walter Roth zu bieten, der nur kurzzeitig Lenauschüler war, aber dennoch viele Berührungspunkte zu dieser Schule hat, wie aus seinem vergnüglichen Text hervorging.

Den Abschluss der Lesung machte Fred Zawadzki, Vollblut-Lenauschüler über die gesamte Schulzeit, der aus seinen Erinnerungen an die Kindheit „Im Schatten des Doms“ Anekdotisches zum Besten gab.

Im Rahmen der Lesung stellte Halrun Reinholz auch das Jubiläumsbuch „Die Lenauschule sind wir“ vor, das der Verein der Freunde der Lenauschule in Kooperation mit der Landsmannschaft der Banater Schwaben sozusagen als „Geburtstagsgeschenk“ der Schule rechtzeitig zum Fest fertiggestellt hatte. Ein Buch der Erinnerung, ein „Plädoyer für das Glück, dabei gewesen zu sein“, wie Siegfried Thiel in seiner Rezension in der Banater Zeitung resümierte.

Zwischen den Lesungen gab es musikalische Beiträge von Lara Sonda, Giulia Rudäreanu und Astrid Mot. Die drei Schülerinnen der Lenauschule hatten sie unter der Anleitung ihrer Musiklehrerin Jacqueline Kohl vorbereitet.

Halrun Reinholz

 

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