Für viele in guter Erinnerungen
Nachruf auf Adelheid Prexl
An ihrem 90. Geburtstag hoffte sie noch, das 150. Jubiläum der Lenauschule aus der Ferne zu begleiten, auch wenn sie die Ehreneinladung dazu altersbedingt absagen musste. Für das „Lenau-Buch“ zu diesem Anlass konnte sie viel aus ihrem Erfahrungsschatz beitragen. Denn kaum jemand war der Lenauschule so verbunden wie sie – als Schülerin des ersten Nachkriegsjahrgangs und später als Lehrerin, die fast 30 Jahre lang „die Chemie“ an der Schule verkörpert hat. Doch die Verschiebung durch die Corona-Pandemie hinderte sie daran, die Vollendung des Projekts zu erleben. Nun ist Adelheid Prexl im 92. Lebensjahr in Leonberg verstorben.
Die Biographie ihres langen Lebens widerspiegelt ein Stück Temeswarer Zeitgeschichte. Hier wurde Adelheid Menrath als Tochter eines Schneidermeisters mit eigener Werkstatt am 23. Mai 1930 geboren. Nach vielen Schulwechseln in schwierigen Zeiten landete sie schließlich im ersten Absolventen-Jahrgang des neu gegründeten Deutschen Lyzeums, das sie 1949 absolvierte. Ihre späteren Lehrerkollegen Erich Pfaff und Walter Chef besuchten dieselbe Klasse. Viele ihrer Klassenkameraden hatten zerrissene Lebensläufe, die von Krieg und Deportation geprägt waren. Eigentlich wollte sie Musik oder Literatur studieren, landete jedoch aus praktischen Erwägungen bei der Chemie. Die „Lust“ dazu verdankte sie ihrem Chemielehrer Josef Eisenscher am Deutschen Lyzeum. Nach dem Studium in Klausenburg kam sie als Lehrerin an die Lenauschule, wo sie Generationen von Schülerinnen und Schülern dieses Fach schmackhaft machen konnte. Nicht für alle wurde die Chemie durch sie zur Herzensangelegenheit, aber vielen konnte sie die naturwissenschaftliche Schwellenangst nehmen. Ihr Unterricht war sachlich und engagiert, ebenso wie ihr Verhalten den Schülern gegenüber. Ihrer fachkundigen Vermittlung von Grundlagenwissen verdankt so mancher ehemalige Lenauschüler den Entschluss und die Fähigkeit zum Studium der Chemie, Pharmazie oder Medizin.
1956 heiratete sie den Chemie-Ingenieur Rudolf Prexl, den sie in der Tanzschule kennengelernt hatte. Tochter Helga vervollkommnete die Familie. Ihren Schuldienst an der Lenauschule musste sie 1983 beenden, als sie wegen des Ausreiseantrags der Familie entlassen wurde. Ihre Rentenzeit verbrachte sie mit Reisen, besuchte Ausstellungen und Konzerte und war eine interessierte Leserin guter Literatur. „Im Vertrauen darauf, dass alles, was war, sich verwandelt und nicht vergangen ist“, steht auf ihrer Todesanzeige. Dem kann sich der Verein der Freunde der Lenauschule im Einvernehmen mit vielen ehemaligen Schülerinnen und Schülern von Adelheid Prexl uneingeschränkt anschließen. In der Gewissheit, dass ihre Spuren noch lange nachwirken, gilt unser Mitgefühl der trauernden Familie.
Halrun Reinholz